Chemie | Al-Chemie

Muslimische Wissenschaftler, die als Revolutionäre im Gebiet der Chemie gelten, trugen zur Erfindung von Plastik, künstlicher Seide, Kautschuk, Petroleum, Insulin und Penicillin entscheidend bei.

Der Begriff Chemie stammt aus der Arabischen Bezeichnung „al-Kimya“. Chemie war für die muslimischen Gelehrten des Mittelalters mehr als eine mysteriöse Beschäftigung und glich eher unserem heutigen Verständnis von Chemie. Muslime waren bis ins 18. Jahrhundert als Autoritäten in diesem Bereich anerkannt. Ihre Vorreiterrolle auf diesem Gebiet hatten sie länger als 300 Jahrhunderte inne und sie brachten viele Chemie-Gelehrte hervor. Im Folgenden sollen drei dieser Gelehrten vorgestellt werden, die durch ihre Errungenschaften besonders hervorgetreten sind.

Dschabir Ibn Hayyan (720-813)

Dschabir Ibn Hayyan, dessen Geburtsdatum umstritten ist, wird als Vater der Chemie bezeichnet. Dschabir, wurde im europäischen Raum auch unter dem Namen „Geber“ bekannt.

Seine größten Errungenschaften machte Dschabir, der den Großteil seines Lebens in Kufa verbrachte, in der Chemie. Er entwickelte die experimentelle Forschung, die die Alchemie zur Chemie weiterentwickelte. In seinem berühmten Labor wurden 100 Werke von ihm gefunden, von denen 22 über die Chemie sind.

Zu seinen Beiträgen zur Chemie zählen die Weiterentwicklung von chemischen Verfahren wie Kristallisierung, Destillation, Kalzination, Sublimation, Evaporation, Filtration und Oxydation sowie die Entwicklung von Instrumenten und Apparaten. Zudem entdeckte er die Schwefelsäure.

Er ordnete die Elemente in drei Kategorien ein:

1. Kategorie: Gase, dazu zählte er Arsen und Ammoniak, die beim Erwärmen vergasen.

2. Kategorie: Metalle: Gold, Silber, Blei, Kupfer, Eisen.

3. Kategorie: Elemente, die zu Staub werden, wie Stein.

Mit dieser Kategorisierung legte er die Grundlage für die spätere Gliederung der Elemente in Metalle und Nicht-Metalle. Dschabir schrieb über die „chemischen Elemente, die ohne ihre Besonderheiten zu verlieren, Verbindungen eingehen und zu winzigen Elementen werden, die nicht mehr mit dem Auge wahrnehmbar sind.“ Wenn man in Betracht zieht, dass Dschabir diese Werke vor ca. 1250 Jahren verfasste, wird deutlich, dass er seiner Zeit weit voraus war.

Zweifellos gehören zu den wichtigsten Entdeckungen Dschabirs, die Entdeckung zahlreicher Säuren. Zu seiner Zeit war lediglich die Ethansäure, d.h. Essigsäure bekannt. xxx.

Dschabir entwickelte ebenfalls die angewandte Chemie. Damit wurde er ein Vorreiter im Bereich der angewandten Wissenschaften. Hier entwickelte er Vorgänge wie Stofffärbung, Vergoldung, Herstellung von Haarfarbe, etc.

Während dieser Arbeiten löste er Gold auf und entdeckte das Goldwasser. Mit der Erfindung des Destilliergeräts erleichterte er den Vorgang der Destillation. Seine Arbeiten zur Herstellung von Stahl und die Raffination von Metallen trugen entscheidend zur Weiterentwicklung von grundlegenden chemischen Methoden bei.

In seinen Werken „Das große Buch der chemischen Merkmale“, „Gewichte und Größen“, „Chemische Bindungen“, und „Farben“ beschrieb Dschabir, der großen Wert auf experimentelle Wissenschaft legte, chemische Vorgänge und Apparate wie z.B. Öfen, die zum Kalzinieren und Destillieren verwendet wurden. Darüber hinaus befasste er sich mit Sulfiden und Quecksilber.

Dschabirs Bücher wurden 200 Jahre nach seinem Tode bei der Zerstörung seines Hauses durch Kreuzritter in seinem Labor gefunden. Unter den Trümmern wurden auch Mörser und Gold gefunden. Seine Werke und die Tatsache, dass er zahlreiche Säuren zum ersten Mal herstellte und die Bedeutung von experimenteller Chemie hervorhob, belegen, dass er zu Recht als Vater der Chemie bezeichnet wird.

 

Razi (865-925)

Abu Bakr Muhammad ibn Zakariya al-Razi war ein iranischer Wissenschaftler, der in den Bereichen Medizin, Chemie, Alchemie, und Pharmazie viele Entdeckungen machte, die bis heute von großer Bedeutung sind. Razi war ein Universalgelehrte, der als erster bei der Heilung von Masern und Windpocken chemische Verfahren für medizinische Zwecke einsetzte.

Razi entwickelte die Chemie zu einer Wissenschaft. Die Instrumente, die er bei seinen Experimenten benötigte, stellte er selber her und führte an schwer schmelzenden Metallen, wie Eisen, Experimente durch. Ferner analysierte er Körperflüssigkeiten und schrieb gar ein ganzes Buch über Harn.

Razi schlug den Weg Dschabirs ein und schrieb, dass die Elemente nicht aus Luft, Wasser, Erde und Feuer bestehen, sondern aus der Verbindung von Atomen hervorgehen. Daher wird Razi als der Vater der experimentellen Chemie bezeichnet.

Die chemisch hergestellten Medikamente erprobte Razi zunächst an Tieren. Opium und Heroin setzte er bei seinen Versuchen bei Tieren als Anästhesie-Mittel ein.

Razi, der 230 Werke verfasste, ist der Autor des Buches, „Geheimnis der Geheimnisse“, das sich mit der Chemie befasst. In diesem Buch erläutert er chemische Elemente und ihre Verwendung. Er beweist darin, dass er in der Kategorisierung natürlicher Elemente ein größeres nasir-al-mulk-mosque-shiraz-iran-12Wissen besitzt als frühere Chemiker, inklusive Dschabir. Natürliche Elemente teilt Razi in die drei Kategorien, erdig, pflanzlich, und tierisch ein. In seinem Buch beschreibt er seine Experimente, die einzelnen Schritte und die verwendeten Instrumente detailliert. Aus diesem Buch geht hervor, dass die Verfahren, wie Destillation und Kristallisation, bereits seit länger als 1100 Jahren angewandt werden.

Darüber hinaus baute er das erste Labor im heutigen Sinne und setzte den Grundstein für die moderne Chemie. Außerdem wurden 20 Geräte und Apparate, die bis heute in der Chemie eingesetzt werden, von Razi entwickelt.

 

Kindi (801-873)

Da sehr viele der Werke Kindis ins Lateinische übersetzt wurden, liegen uns heute die meisten seiner Werke nicht in arabischer, sondern in lateinischer Sprache vor. In einem seiner Schriften nahm er eine Unterteilung von Medikamenten nach ihrer Stärke und Qualität vor. Er widerlegte die Theorie, dass man aus unedlen Metallen wertvolle Metalle herstellen kann. Sein Werk „Buch der Parfüms und Destillationen“ ist im Gebiet der Chemie von hoher Bedeutung.


Die Errungenschaften und Entdeckungen der Muslime verbreiteten sich in der gesamten Welt. Razis Werke wurden neben dem Lateinischen auch in andere Sprachen übersetzt. Der Italiener Gerard of Cremona übersetzte beispielsweise Razis Buch „Kategorisierung von Salzen und Sulfate“ ins Italienische.islamische-erfindung-destillation-labor-muslimisch

Im 13. Jahrhundert machten bedeutende europäische Wissenschaftler wie Albertus Magnus und Roger Bacon Gebrauch von den Werken Razis. Insbesondere Bacon erachtete das aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzte Buch „Chemie“ für sehr aufschlussreich und bedeutsam.

Die Übersetzung der Werke muslimischer Gelehrte ins Lateinische begann Mitte des 12. Jahrhunderts. Dschabirs Buch „Liber Claritatis“ wurde Ende des 13. Jahrhunderts übersetzt. Auch sein Buch „Summa perfectionis magisterii“ und vier weitere Werke wurden im 13. Jahrhundert übersetzt.

Diese Arbeiten wurden im 15. und im 17. Jahrhundert in einem Band unter dem Namen „Summa“veröffentlicht. Im Mittelalter galt dieses Buch als Grundlektüre im Gebiet der Chemie. Mehrere Jahrhunderte lang waren diese Werke unersetzlich.

Lesen Sie mehr über die Beiträge der muslimischen Wissenschaftler, Chemiker, Genies, für die heutige Chemie.  [PDF]

VON Fuat Zengin | Veröffentlichungen des Institutes für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften                          

Tausendundeine Idee Vom Kaffee bis zum Taschenrechner: Viele unserer Alltagsdinge bergen ein Stück islamischer Kulturgeschichte.

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 VON Christian Staas | 22. Mai 2012 – 08:00 Uhr