ENTDECKUNG | GESCHICHTE DES KAFFEES
Im Vorderen Orient
Die erste schriftliche Erwähnung als Heilmittel fand der Kaffee vermutlich unter der Bezeichnung „Bunchum“ in den Schriften des Heilkundigen und Philosophen Ibn Sina, bekannt als Avicenna, im 11. Jahrhundert. Er kannte die stimulierende Wirkung der Pflanze. Auch wenn ein halbes Jahrtausend später „Bunc“ als ein Wort für die Kaffeebohne genutzt wurde, ist es nicht ganz klar, ob sich der Heilkundige wirklich auf diese Pflanze bezieht.
Erst in der Mitte des 15. Jahrhunderts wird in Arabien wirklich Kaffee getrunken, wie schriftliche Quellen belegen – ob noch als Heilmittel oder schon allein zum Genuß, geht aus ihnen nicht hervor. Um diese Zeit begann jedoch auch die Kultivierung des Kaffees. Im Jahre 1454 soll ein Scheich namens Dschemaleddin in Jemen erste Kulturen mit Samen oder Pflanzen aus Abessinien angelegt haben.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verbreitet sich der Kaffee über die aus religiösen Gründen von vielen Reisenden besuchten Städte Mekka und Medina in ganz Arabien und tritt somit seinen Siegeszug an.
Mit der Verbreitung des Kaffees kam, die Frage nach der Legitimität dieses kräftigen Getränks auf, und auch hier hatte der Streit nicht zuletzt religiöse Hintergründe. Muslimen war der Genuß von alkoholischen Getränken streng verboten – viele wichen deswegen auf Kaffee aus. Dadurch dass das Getränk die Sinne stark anregte, mochte es jedoch genauso im Gegensatz zu den asketischen Prinzipien stehen. Letztlich setzten sich die Kaffeetrinker jedoch durch, was auch daran gelegen haben mag, dass die Adeligen des Landes den schwarzen Trunk mittlerweile sehr schätzten.
Für die Verbreitung des Kaffees waren die Türken zuständig, zumal sie Ländereien in Syrien, Jemen und Ägypten eroberten und 1517 sogar Mekka und Medina einnahmen. Somit waren die Anbaugebiete des Kaffees in ihrer Hand. Auch bis 20. Jahrhundert wird der Kaffee deswegen noch als „Türkentrank“ bezeichnet, zum Beispiel in einem bekannten Kinderlied:
„KAFFEE,
trink nicht zuviel Kaffee,
nicht für Kinder ist der Türkentrank,
schwächt die Nerven,
macht dich blaß und krank.
Sei doch kein Muselman,
der das nicht lassen kann.“
Die Osmanen verbreiteten den Trank in allen Teilen ihres Herrschaftsgebietes bis hin ins südöstliche Europa, wo öffentliche Kaffeehäuser bald die Straßen der Städte prägten. Sie waren Orte der Unterhaltung und Kultur, wo Geschichtenerzähler und Schattentheaterspieler auftraten. 1554 wurde das erste Kaffeehaus in jetzigen Istanbul eröffnet.
Der Handel floriert
Im 16. Jahrhundert wurde sämtlicher Kaffee fast vollständig von Arabern im Südjemen angebaut und wurde in Säcken aus dem arabischen und osmanischen Raum nach Europa importiert. Das Kaffeemonopol bildete sich in den Hauptausfuhrhäfen Mocha (auch „Mokka“ genannt) und Jiddah, das direkt vor Mekka lag. Die Muslime hüteten ihren Kaffee. Sie verteidigten dieses Monopol und hüteten das Wissen um den Kaffeeanbau streng. Ihr besonderes Anliegen war es, keine keimfähigen Bohnen in fremde Hände kommen zu lassen. Um das zu verhindern, übergossen sie die zum Verkauf bestimmten Bohnen mit heißem Wasser.
Selbstverständlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Kaffeepflanzen auf irgendeinem Wege in andere Hände gelangten – die mit diesem Produkt verknüpfte Gewinnmöglichkeit war zu groß. Bald waren die Niederlande, Spanien und Portugal im Besitz der Pflanzen, die sie in ihre Kolonien mit dem entsprechenden Klima brachten – die Niederländer zum Beispiel errichteten Plantagen in Cylon, später auch Java, Sumatra und Bali und weitere Länder. Durch ihre Ostindische und Westindische Kompanie sorgten sie für eine entsprechende Ausbreitung ihrer Handelsinteressen.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts wuchs Kaffee überall auf der Welt, vermutlich ab 1726 auch im später wichtigsten Anbaugebiet Brasilien. Während die Kolonialmächte durch den Handel reich wurden, denn neben Europa wollte nun auch Nordamerika mit dem schwarzen Trunk versorgt werden, der Absatzmarkt war demnach sehr groß, begann für die Anbauländer die bekannte Geschichte der Ausbeutung. Auf den meisten Plantagen arbeiteten afrikanische Sklaven, die aus ihrer Heimat entführt und in alle Anbaugebiete gebracht wurden. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren katastrophal und viele der Sklaven starben schon auf der Reise in ihr neues Land. Doch ohne Sklaverei schien der Anbau und der lukrative Verkauf des Kaffees nicht möglich zu sein – und dem schwarzen Getränk in den feinen Tassen sah man nicht an, unter welchen Bedingungen der Grundstoff angebaut worden war.
Kaffee war zu einem international bedeutenden Handelsgut geworden und durch den großen Maßstab, in dem es angebaut und verarbeitet wurde, mittlerweile für jeden erschwinglich. Auch die Staaten verdienten mit Zöllen und Steuern kräftig an dem beliebten Getränk und eine Reihe von weiteren „Trittbrettfahrern“, wie die Hersteller von Kaffeegeschirr und Zubereitungstechnik wie Mühlen und Aufgußzubehör, entwickelten eine lebhafte Industrie.
Auch eine Konkurrenz schlich sich auf den Markt: um das staatliche Kaffeemonopol des Handels und schließlich auch der Röstung zu umgehen und dadurch eine kostengünstigere Alternative zum schaffen, wurde der Zichorienkaffee erfunden – 1769 eröffnete die erste deutsche Fabrik in Braunschweig. Dieser Kontinentalkaffee bot einen Ersatz, wenn die Politik durch Kriege oder Steuern den Konsum des „echten Stoffs“ verhinderte.
Kaffee für alle
Mitte des 19. Jahrhunderts war der Kaffee zum Volksgetränk geworden. Zum Frühstück und mittags wurde elegant eine Tasse voll getrunken, während der ärmere Mann eine für uns sonderbare Verwendung fand: er braute aus dem Kaffee eine Suppe, die mit Brotbrocken gegessen wurde und somit etwas sättigte und anregte zugleich. Kaffee hat eine den Hunger dämpfende Wirkung und bot den Armen somit die Möglichkeit, zumindest die Illusion einer nahrhaften Mahlzeit zu haben.
1901 kam eine Neuerung des industrialisierten Kaffees auf den Markt, die den Konsum noch einfacher und schneller machen sollte: der Japaner Dr. Sartori Kato erfand den löslichen Kaffee, der 1938 von der Firma Nestlé kommerziell als Instantkaffee vermarktet wurde. 1905 wurde der Kaffee von seiner ebenso nützlichen wie störenden Nebenwirkung befreit: Ludwig Roselius vermarktete seinen entkoffeinierten Trunk als „Kaffee HAG“ weltweit.
Heute ist Kaffee das zweitwichtigste Handelsgut nach Erdöl. Die Entwicklung des Weltrohkaffeeverbrauchs ist beeindruckend: waren es 1750 nur 600.000 Sack, so stiegt der Verbrauch innerhalb der nächsten zweihundert Jahre auf 36 Millionen Sack und lag schließlich noch einmal 50 Jahre später, im Jahre 2000, bei 104 Millionen Sack.
Der Kaffeebaum Arabica (Bild) würde in 6 Jahren eine Höhe von etwa 5 – 6 Metern, der Robusta gar von 10 – 15 Metern erreichen. Damit die Bäume jedoch einen besseren Ertrag geben und auch rationeller abgeerntet werden können, werden Sie auf ungefähr 3 – 4 Meter zurückgeschnitten.
Der Kaffeebaum ist – je nach Höhenlage und Klima – imstande, zu jeder Jahreszeit zu blühen. Die Hauptblütezeit erstreckt sich über mehrere Monate, doch verwelken die einzelnen Blüten bereits nach wenigen Stunden. Die Kaffeeblüten sind leuchtend weiss (Bild). Ihr Duft erinnert an Jasmin- oder Orangenblüten.
In der ersten Blüteperiode kann es vorkommen, dass es am gleichen Baum gleichzeitig Blüten, unreife und reife Kaffeekirschen hat (Bild). Ihre Farbe wechselt von Grün über Gelb und Hellrot bis zum Purpurrot in der Reifezeit.
Die Kaffeekirsche des Arabica-Baumes wird in 7 – 8 Monaten reif. Diejenige des Robusta-Baumes braucht dafür 9 – 11 Monate.
Quelle: Vielen Dank für die Geschichte des Kaffees an R. Keser aus Hamburg und alle anderen Journalisten.
Tausendundeine Idee Vom Kaffee bis zum Taschenrechner: Viele unserer Alltagsdinge bergen ein Stück islamischer Kulturgeschichte.